Die wesentliche Grundlage für die Möglichkeit, solche Probleme wie den waagerechten Wurf bearbeiten zu können, ist die Erkenntnis, dass sich Bewegungen unabhängig voneinander überlagern können. Das wird durch das nachfolgende Video demonstriert:
Die unabhängige Überlagerung bedeutet, dass jede beliebige Bewegung als zwei Bewegungen in eine x-Richtung und in eine y-Richtung
aufgefasst werden kann.
Um das tun zu können muss zunächst ein Koordinatensystem vorgegeben werden, wobei der Ursprung frei wählbar ist. Allerdings gibt es
natürlich sinnvolle Möglichkeiten für die Wahl des Ursprungs und weniger sinnvolle. Die Folge von weniger sinnvollen Positionen
ist aber nur, dass es etwas mehr Rechenaufwand bedarf um zu Lösungen zu kommen.
Für die Wurfweite gilt: $s_x = v_0 \cdot t$ und für die Abwurfhöhe: $s_y = - \frac 12 \cdot g \cdot t^2$
Setzt man $s_x = x$ und $s_y = y$ folgt: \begin{align} x &= v_0 \cdot t \\ t &= \frac{x}{v_0} \\ \\ y &= - \frac 12 \cdot g \cdot t^2 \\ y &= - \frac 12 \cdot g \cdot \left( \frac{x}{v_0} \right)^2 \\ y &= - \frac 12 \cdot \frac{g}{v_0^2} \cdot x^2 \end{align}
Anatoly Timoschtschuk, ehemaliger Spieler des FC Bayern München, hat am 14.Mai 2011 mit 134,3 km/h eine Rekord-Schussgeschwindigkeit
im Fussball erreicht (Quelle). Angenommen, er schafft das noch einmal und schießt einen am Rande einer 10 m hohen Klippe liegenden Ball
waagerecht mit eben derselben Geschwindigkeit nach vorn.
Berechne die Stelle, an der der Ball den Boden berührt. Bestimme die Flugzeit des Balls. Gib an, unter welchem Winkel der Ball auf
dem Boden aufkommt.
Zunächst muss die Geschwindigkeit in die richtige Einheit umgerechnet werden:
$$
134 \frac{\text{km}}{\text{h}} = \frac{134}{3,6} \frac{\text{m}}{\text{s}} = 37,22 \frac{\text{m}}{\text{s}}
$$
Es gilt:
\begin{align}
y &= - \frac 12 \cdot g \cdot t^2 \\
t &= \sqrt{\frac{2 y}{g}} \\
t &= \sqrt{\frac{2 \cdot 10 \text{ m}}{9,81 \frac{\text{m}}{\text{s}^2}}} \\
t &= 1,428 \text{ s}
\end{align}
Berücksichtigt wurde hier u.a., dass die Höhe der Klippe über dem Boden gleich der Tiefe des Bodens unter der Klippe ist. Damit
ist $y = - 10 \text{ m}$. Weiterhin wurde die zweite Lösung für die Quadratwurzel, hier die negative, vernachlässigt, da sie
physikalisch sinnlos ist.
Mit der jetzt bekannten Zeit lässt sich die Schussweite bestimmen:
\begin{align}
x &= v_0 \cdot t \\
x &= 37,22 \frac{\text{m}}{\text{s}} \cdot 1,428 \text{ s} \\
x &= 53,15 \text{ m}
\end{align}
Der Auftreffwinkel lässt sich mit Hilfe der Parabelgleichung bestimmen:
\begin{align}
y &= - \frac 12 \cdot \frac{g}{v_0^2} \cdot x^2 \\
y &= - \frac 12 \cdot \frac{9,81 \frac{\text{m}}{\text{s}^2}}{\left( 37,22 \frac{\text{m}}{\text{s}} \right)^2} \cdot x^2 \\
y &= -0,00354 \text{ m}^{-1} \cdot x^2
\end{align}
Der Winkel ergibt sich aus der Steigung der Parabel an der Stelle $x = 53,15 \text{ m}$. Es folgt:
\begin{align}
m &= \frac{dy}{dx} = - 0,00708 \text{ m}^{-1} \cdot x = - 0,00708 \text{ m}^{-1} \cdot 53,15 \text{ m} \\
m &= - 0,3763 \\ \\
\alpha &= arctan (- 0,3763) \\
\alpha &= - 20,62°
\end{align}
Der Auftreffwinkel beträgt also 20,62° bei einer Entfernung von 53,15 m von der Klippe. Die Flugzeit beträgt 1,43 s.