Halbleiter sind eine von drei Materialklassen, die sich in ihrer Leitfähigkeit unterscheiden.
Silizium kristallisiert in der Diamantstruktur (siehe Abbildung). Die Diamantstruktur besteht aus zwei ineinander verschränkten
kubisch-flächenzentrierten Gittern. In der Abbildung besteht das erste Gitter aus den blau eingefärbten Atomen an den Würfelecken und
den violett eingefärbten Atomen im Zentrum der Würfelflächen. Alle Atome des zweiten Gitters sind um eine viertel Raumdiagonale
gegenüber den Atomen des ersten Gitters verschoben. Die Atome des zweiten Gitters, die sich innerhalb des ersten Gitters befinden, sind in
der Abbildung rot eingefärbt.
Die roten Atome sind jeweils mit drei violetten und einem blauen Atom verbunden. Sie befinden sich sozusagen in der Mitte eines Tetraeders, der
von den violetten und blauen Atomen gebildet wird. Damit hat jedes rote Atom vier direkte Nachbarn, die sich im gleichen Abstand von 0,15 nm
zu ihm befinden.
Silizium hat vier Valenzelektronen, benötigt also noch vier weitere, um die Valenzschale, also die äußerste Schale des Atoms,
vollständig zu füllen. Diese vier zusätzlichen Elektronen werden von den vier Nachbarn geliefert. Das Atom in der Mitte des
Tetraeders ist somit gesättigt mit acht Valenzelektronen.
Da jedes Atom im gesamten Kristall den Mittelpunkt eines Tetraeders bildet, sind alle Atome gesättigt. Die Bindungen zu den Nachbaratomen
sind so orientiert, dass sie den größtmöglichen Abstand voneinander aufweisen (elektrostatische Abstoßung der
Bindungselektronen). Damit bilden die Bindungen einen Winkel von 109,5° gegen die anderen Bindungen.
Eigenleitung - intrinsische Leitfähigkeit
Bei einer Temperatur von 0K sind alle Elektronen der Siliziumatome in den Bindungen. Es gibt keine freien Elektronen und somit ist die
Leitfähigkeit gleich Null. Silizium ist bei dieser Temperatur ein Isolator.
Ist die Temperatur T > 0K, können einzelne Elektronen die thermische Energie dazu nutzen, die Bindungen zu verlassen. Damit würden freie
Elektronen existieren, die bei einer angelegten Spannung einen Stromfluss bilden. Während durch die thermische Energie immer wieder Elektronen
aus den Bindungen gelöst werden, können andere Elektronen auch wieder in die Bindungen zurückfallen (rekombinieren). Es
stellt sich ein Gleichgewicht ein mit einer temperaturabhängigen Anzahl an freien Elektronen. Je höher die Temperatur, desto größer
die Anzahl an freien Elektronen. Damit folgt, dass bei einem Halbleiter mit steigender Temperatur auch die Leitfähigkeit steigt.
Eine Bindung, die ein Elektron verloren hat, ist eine Stelle, die positiv geladen ist. Diese Stelle wird Defektelektron oder Loch
genannt und betrachtet, als ob sie ein positiver Ladungsträger wäre. Bei einer angelegten Spannung werden Elektronen in die Richtung
des positiven Pols wandern und kommen damit auch an dem Loch vorbei, wobei sie rekombinieren können. Das Loch wandert durch diesen Prozess
immer weiter in die Richtung des negativen Pols. Es entsteht ein zweiter Stromfluss, nämlich die Bewegung der Löcher entgegen der
Elektronenbewegung.
Halbleiter weisen neben der Elektronenleitfähigkeit zusätzlich auch noch eine Löcherleitfähigkeit auf, also neben der
Elektronenleitung auch noch Löcherleitung. Beide Leitfähigkeiten zusammen nennt man auch intrinsische Leitfähigkeit oder
Eigenleitfähigkeit.
Fremdleitung - extrinsische Leitfähigkeit
Die intrisische Leitfähigkeit ist sehr stark von der Temperatur abhängig. Um eine stabile und nahezu konstante Leitfähigkeit
über einen gewissen Temperaturbereich zu erhalten, werden gezielt Fremdatome in das Silizium-Kristallgitter eingebaut. Diesen Prozess
nennt man Dotierung.
Es werden im Wesentlichen zwei Arten der Dotierung unterschieden: die n-Dotierung und die p-Dotierung.
n-Dotierung
In das Silizium-Gitter werden Atome eingebaut, die fünf Valenzelektronen aufweisen, beispielsweise Phosphor. Um in das Gitter
eingebaut zu werden, werden vier Valenzelektronen benötigt,d.h., dass diese vier Valenzelektronen mit den vier
Nachbaratomen geteilt werden und so die Bindung bilden. Das fünfte Elektron ist nur noch sehr schwach an das Atom gebunden und kann
bei einer sehr geringen Energiezufuhr als freies Elektron betrachtet werden. Die Dotieratome werden auch als Donator bezeichnet,
was aus dem Lateinischen kommt und "Geber" bedeutet.
Die Stromleitung erfolgt im Falle der n-Dotierung fast ausschließlich durch die Elektronen, die durch die Dotierung in den Kristall
eingebracht wurden. Die trotzdem noch vorhandene intrinsische Leitfähigkeit wird überdeckt und spielt zunächst keine
Rolle. Die Elektronen werden dann als Majoritätsladungsträger und die Löcher als Minoritätsladungsträger bezeichnet.
p-Dotierung
Die p-Dotierung erfolgt durch Atome mit drei Valenzelektronen, wie z.B. Bor. Werden diese Atome in das Silizium-Gitter eingebaut, bleibt jeweils
eine Bindung ungesättigt, weil ein Elektron fehlt. Die Dotieratome werden als Akzeptor ("Nehmer") bezeichnet. Sie
können jeweils ein Elektron aufnehmen.
Man nennt diese ungesättigte Bindung auch Loch oder Defektelektron.
Dieses Loch verhält sich wie ein positiver Ladungsträger. Dass heißt, dass es sich bei einer angelegten
Spannung in Richtung des negativen Pols bewegt.
Wie auch bei der n-Dotierung ist es so, dass die Leitung fast ausschließlich durch die Löcher erfolgt, die damit die
Majoritätsladungsträger darstellen. Die Elektronen sind die Minoritätsladungsträger. Die intrinsische
Leitfähigkeit wird zunächst vernachlässigt.
Bringt man einen n-dotierten und einen p-dotierten Bereich zusammen, entsteht der sogenannte pn-Kontakt. Der Kontakt ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass eine Diode so funktioniert, wie sie es tut, und damit dafür, dass die heutige digitale Technik funktioniert.
Um die Abläufe, die sich abspielen, wenn der Kontakt hergestellt wird, zu verstehen, werden die einzelnen Ereignisse nacheinander dargestellt. Das ganze erfolgt anhand eines Zeitablaufs.
Zeit | Was passiert? |
---|---|
t = 0 | Auf der p-Seite gibt es Bor-Atome mit jeweils einem Loch (ungesättigte Bindung), auf der n-Seite gibt es Phosphor-Atome mit jeweils einem Elektron. Loch bzw. Elektron gehören noch zum jeweiligen Atom. Insgesamt ist der gesamte Kristall elektrisch neutral, die beiden Seiten sind jeweils elektrisch neutral und letztendlich sind alle Atome elektrisch neutral. |
t > 0 | Jedes Elektron einzeln und jedes Loch einzeln sind geladene Teilchen. Das Elektron ist ein negativ geladenes Teilchen, das Loch wird als positiv geladenes Teilchen behandelt. Beide ungleichnamig geladenen Teilchen sind beweglich und können auf anziehende Kräfte reagieren. Ein Elektron auf der n-Seite spürt die anziehende Wirkung eines Lochs auf der p-Seite und bewegt sich in diese Richtung. Das Loch widerum kann sich auch in die Richtung Elektron bewegen, wird das aber eher nicht tun, da die Beweglichkeit der Löcher nur aufgrund der Temperatur (es liegt keine Spannung an) sehr gering ist. Das Elektron wird bis zum Loch wandern und dort mit dem Loch rekombinieren. Damit ist die Bindung an der Stelle gesättigt und das freie Elektron ist nicht mehr vorhanden. Eine weitere Ursache für die Bewegung der Elektronen liegt in der Tendenz der Natur, dass sich alle gleichartigen Objekte gleichmäßig in dem zur Verfügung stehenden Volumen verteilen. Dies geschieht aufgrund der Brownschen Molekularbewegung, die zwar zufällig erscheint, aber genau dafür sorgt. Je nach der Temperatur findet die Brownsche Bewegung mehr oder weniger stark statt. Die Bewegung wird auch als Diffusion bezeichnet. Kommen nun Elektronen aufgrund der Diffusion in die Nähe eines Lochs, rekombinieren beide. Es entsteht dasselbe Resultat, aber aus unterschiedlichen Gründen. Das Phosphor-Atom auf der n-Seite hat jetzt allerdings ein Elektron zu wenig. Damit ist es ein einfach positiv geladenes P-Ion. Diese positive Ladung wird positive Raumladung oder positive Ortsladung genannt. Das Bor-Atom auf der p-Seite hat nun ein Elektron zuviel, ist also ein einfach negativ geladenes B-Ion, bzw. eine negative Raumladung oder negative Ortsladung. Diese Raumladungen sind an das jeweilige Atom gebunden, sind also nicht beweglich. Derselbe Prozess findet nun mit einem weiteren Elektron und einem weiteren Loch statt, wodurch weitere Raumladungen entstehen: Jedes weitere Elektron spürt nun unterschiedliche Kräfte: Zunächst die anziehenden Kräfte der Löcher auf der p-Seite, desweiteren die abstoßenden Kräfte der negativen Raumladungen auf der p-Seite und die anziehenden Kräfte der positiven Raumladungen auf der n-Seite. Zum letzten Punkt sei angemerkt, dass in einem dynamischen Gleichgewicht immer alle Prozesse gleichzeitig stattfinden, so dass sich im Mittel nichts zu ändern scheint. Dass sich ein freies Elektron auch wieder an ein P-Ion anbindet, findet statt, aber es wird auch wieder das Atom verlassen, um mit einem Loch zu rekombinieren. Die Frage, was denn nun geschieht, wird durch die Energie, die das Elektron bei der Aktion abgeben kann, beantwortet. Je mehr Energie abgegeben werden kann, desto wahrscheinlicher ist die Aktion. Irgendwann werden die anziehenden Kräfte der Löcher und die abstoßenden Kräfte der Raumladungen gleichgroß sein. Dann kommt der Prozess zum Erliegen. Zwischen den negativen Raumladungen auf der p-Seite und den positiven Raumladungen auf der n-Seite entsteht eine Spannung, die umso größer ist, je mehr Raumladungen vorhanden sind. Die Spannung wird als Diffusionsspannung, UD bezeichnet. Sie sorgt dafür, dass die Diffusion der freien Ladungsträger irgendwann zum Erliegen kommt. |
t → ∞ | Im dynamischen Gleichgewicht entsteht schließlich die Raumladungszone, RLZ. In dieser existieren keine freien Ladungen mehr. Damit kann kein Stromfluss über die Raumladungszone hinweg stattfinden. |
Wird an dem pn-Kontakt eine Spannung angelegt, müssen zwei Fälle unterschieden werden, nämlich welche Polarität auf welcher Seite anliegt.
Sperrrichtung
Zunächst soll untersucht werden, was geschieht, wenn an der p-Seite der negative Pol und an der n-Seite der positive Pol einer äußeren Spannung anliegt.
Die äußere Spannung bewirkt, dass sich die Löcher auf der p-Seite nach links in Richtung des negativen Pols bewegen werden. Die Elektronen auf der n-Seite werden zum positiven Pol wandern.
Dadurch wird die Raumladungszone, die Zone, in der keine freien Ladungen existieren, vergrößert. Es fließt kein Strom, auch
wenn die angelegte Spannung vergrößert wird. Es gilt, dass die RLZ umso größer ist, je größer die angelegte Spannung ist.
Diese Polarität nennt man Sperrrichtung.
Irgendwann, bei Silizium etwa ab 100 V, wird durch die äußere Spannung ein Stromfluss durch die RLZ erzwungen. Es
können durch die Spannung dann auch Elektronen aus den Bindungen gerissen werden. Insgesamt führt eine solch große
Sperrspannung zur Zerstörung des Bauteils.
Durchlassrichtung
Ändert man die Polarität der äußeren Spannung, sieht die Ausgangssituation so aus:
Die Löcher werden in die RLZ gedrückt, genauso wie die Elektronen. Dadurch verkleinert sich die Raumladungszone.
Ist die äußere Spannung genauso groß wie die Diffusionsspannung, verschwindet die RLZ. In diesem Zustand (und natürlich
bei größeren Spannungen) kann ein Stromfluss stattfinden. Bei Silizium beträgt diese Diffusionsspannung etwa 0,7 V.
Diese Polarität wird Durchlassrichtung genannt.
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